Den Menschen hinter den Schulden sehen

Nachricht 08. Juli 2020

Diakonisches Werk berät bei Überschuldung

"Über verschüttete Milch soll man nicht klagen": Denn Jammern helfe nichts, wenn einem die Schulden über den Kopf steigen, sagt Sibylle Horstmann. "Ich sage dann immer: Wir verschütten sie jetzt einfach nicht mehr." Die Schuldnerberaterin des Diakonischen Werkes Wesermünde unterstützt Menschen dabei, Wege aus der finanzielle Krise zu finden. Sie berät alle, die überschuldet oder von Überschuldung bedroht sind - kostenlos und vertraulich.

Und das tut sie, ohne Vorwürfe zu machen. "Wer hier ins Büro kommt, der ist oftmals bedrückt. Die meisten gehen am Ende aber wieder mit einem Lachen hinaus." Ihr sei es wichtig, den Betroffenen eine Perspektive zu eröffnen. Doch das alles gehe nur auf Basis der Freiwilligkeit: "Es hat keinen Zweck, wenn zum Beispiel Eltern mit ihren Kindern hierher kommen, die verschuldete Tochter oder der verschuldete Sohn aber gar keinen Sinn darin sieht. Dann bringt die Beratung gar nichts."

Sibylle Horstmann startet ihre Arbeit mit Ursachenforschung: Wie ist die Situation entstanden? Wer ist der Mensch hinter den Schulden? Dann beginnen sie gemeinsam, reinen Tisch zu machen. Besteht die Möglichkeit eines Vergleichs, ist Ratenzahlung eine Option? Welche Angebote können den Gläubigern unterbreitet werden? Wenn nichts mehr geht, kann ein Insolvenzverfahren eingeleitet werden. "Das übernehme ich bis zur Antragstellung bei Gericht", sagt Sybille Horstmann, die sich das Aufgabengebiet mit ihrer Kollegin Lore Barmeyer teilt. Rund drei Monate dauere so eine Insolvenzbeantragung.

Die Schuldnerberatung ist auch berechtigt, die notwendige Bescheinigung für ein Pfändungsschutzkonto auszustellen. "Unter diesem Sachzwang kommen einige her. Wenn ich dann frage, ob wir da nicht mal grundsätzlich etwas tun wollen, entsteht häufiger eine längerfristige Beratung."
Sibylle Horstmann, die seit 1993 in der Schuldnerberatung tätig ist, rechnet aktuell mit Auswirkungen der Corona-Krise: "Es werden bestimmt mehr Anfragen kommen." Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit, ein Ratenkauf - das alles kann zu Überschuldung führen.

Wer dieses Problem nicht allein lösen kann, für den ist die Schuldnerberatung des Diakonischen Werkes da - nach telefonischer Terminabsprache unter: 04745/ 7834-200.